Vorstellung der Person, des Vereins, der Institution

Heidrun Fleege, von Fleege + Oeser Architekten. Das Büro besteht seit 1991.

Denkmalpflege hat in unserem Büro schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Dabei sehen wir Denkmalpflege immer im Kontext mit dem Gebäude und dem Ort. Uns ist die ganzheitliche Betrachtung wichtig.

Wir stellen uns die Frage: Was muss erhalten bleiben, welche Zeitschichten prägen das Gebäude? Wir nehmen eine Einschätzung der Zeitschichten aus unserer Sicht vor und hinterfragen auch getroffene Entscheidungen. Ergänzungen und Fortschreibungen sollen nicht historisierend ausgeführt werden, sondern als neue Zeitschicht erkennbar sein, ohne den Bestand zu dominieren. Wir sehen darin eine Stärkung des Denkmals. Das ist eine Art Credo unserer Arbeit.

Begonnen hat mein beruflicher Werdegang als Planerin im Betriebsteil Projektierung des Wohnungsbaukombinates Potsdam. Die Möglichkeiten kreativ zu arbeiten waren auf Grund der vorwiegenden Anwendung von Typenprojekten eingeschränkt. Größere Gestaltungsfreiheiten boten sich bei individuellen Aufgaben für die es keine Standardlösungen gab. Darüber hinaus hatte ich aber auch die Möglichkeit, nebenberuflich tätig zu sein. D.h. mein Betrieb hatte mir die Möglichkeit eingeräumt, außerhalb meiner Tätigkeit im Kombinat auch Planungen für private Bauherren durchzuführen. Das waren ganz unterschiedliche Aufgaben. Die Bandbreite reichte vom Einfamilienhaus bis zu Werterhaltungsmaßnahmen am Brandenburger Dom.

Anfang der 80er Jahre hatte mir mein Betrieb ermöglicht, ein zweijähriges Zusatzstudium in der Fachrichtung "Denkmalpflege und Erhaltung von Hochbauten" an der TU Dresden zu absolvieren. Das hat meinen Blick auf Bewahrenswertes geschärft.

In dieser Zeit haben wir in Brandenburg angesichts des fortschreitenden Verfalls der historischen Innenstadt mit Gleichgesinnten die Arbeitsgruppe Denkmalpflege gegründet, die im Kulturbund angesiedelt war.

Schon damals habe ich für das eingestanden, was mir wichtig ist.

Warum haben Sie gegründet bzw. warum engagieren Sie sich?

Den Erhaltungswillen und die Wertschätzung für das, was uns überkommen ist und existiert, hatte ich schon immer. Mein Elternhaus hat mich geprägt. Auf einem Bauernhof aufgewachsen lernt man schon früh, Überkommenes zu bewahren und nicht leichtfertig aufzugeben.

In der DDR-Zeit und insbesondere nach meinem Zusatzstudium in Dresden hat sich der Wille verstärkt, dazu beizutragen, die historischen Innenstädte, die infolge fehlender gesellschaftlicher Wertschätzung vielerorts in desolatem Zustand waren, zu erhalten. Baukultur ist Bestandteil unserer Kultur, sie gehört wie Musik und Literatur zur Allgemeinbildung. Dafür engagiere ich mich. Diese Überzeugung hat mich auch bewogen, nach der Wende zu den Gründungsmitgliedern des Landesverbandes des Bundes Deutscher Architekten (BDA) zu gehören. Wir wollten nicht mehr, wie Brigitte Reimann in ihrem DDR-Bestseller-Buch "Franziska Linkerhand" die Titelfigur und Architektin sagen lässt, "am Rocksaum der Kunst vegetieren".

Woraus besteht Ihre Arbeit/Ihr Beitrag?

Als Architektin bin ich Dienstleisterin und Auftragnehmerin in einer Disziplin, die permanent Reibungen erzeugt. Planen ist ein Prozess. Man managt den Spagat zwischen den Regularien und Auflagen der Ämter und Behörden auf der einen Seite und den Wünschen der Bauherren auf der anderen Seite und versucht gleichzeitig, dem eigenen Anspruch an gute Architektur gerecht zu werden. Im Planungsprozess bin ich Moderatorin und zunehmend auch Mediatorin.

Ich nehme den Konflikt zwischen vermeintlichem Zeitgeschmack und Baukultur wahr. Zeitgemäße Architektur hat es schwer, sich zu behaupten. Vielleicht ist sie auch häufig zu sehr auf sich selbst bezogen, ist Architektur der Architektur wegen. Rekonstruktionsbestrebungen entwickeln sich und erzeugen Bilder vom Glanz vergangener Epochen. Diese Entwicklung sollte uns nachdenklich machen.

Ich versuche, frühzeitig die Fachplaner in den Planungsprozess einzubinden, um bereits in der Entwurfsphase gemeinsam nach innovativen Lösungen zu suchen. Mir ist wichtig, dass alle am Planungsprozess Beteiligten an einem Strang ziehen. Es geht mir nicht darum, mich zu profilieren. Das Bauvorhaben, das Projekt muss ein Profil haben und muss im Mittelpunkt des Handelns stehen. Der Bauherr muss sich wiederfinden und sich verstanden fühlen.

Wie viel Zeit wenden Sie aktiv auf?

Zu viel. Das liegt aber in der Natur der Sache. Zum einen, weil man für die Aufgabe brennt, Architekt ist man nicht nur im Büro. Und zum anderen, weil die Verfahren umfänglicher und komplizierter werden und Prüfprozesse Langmut fordern. Musik ist ein Ausgleich. Auch hier gibt es ordnende Elemente wie in der Architektur. Außerdem hilft mir der Kontakt mit anderen Menschen beim Reflektieren, gibt mir neue Impulse und verhindert den Stillstand.

Wie sind Ihre Kommunikationswege untereinander und mit der ortsansässigen Bevölkerung / Kunden?

Gesprächsorientiert, wir wollten vor Jahren unsere Website aktualisieren, aber uns genügte dann doch eine simple weiße Seite mit unseren Kontaktdaten. Inzwischen erkenne ich die Defizite.

Ich suche immer das Gespräch, am Telefon oder vor Ort. Man sollte sein Gegenüber kennenlernen, das vermittelt Wertschätzung und es entsteht im besten Fall Vertrauen.

Was hat sich als besonders schwierig herausgestellt?

Denkmale und deren angestrebte Nutzung, vor allem deren Übernutzung werden oft zum Problem, welche dann viele weitere Probleme nach sich ziehen. Um hier Fehlentwicklungen auszuschließen, sollte in einem frühen Stadium eine intensive Zusammenarbeit zwischen Denkmalbehörde, Bauherrn und Architekten stattfinden.

Es ärgert mich, wenn Aufgabenstellungen, auch von der öffentlichen Hand, ohne ganzheitliche und vorausschauende Betrachtung des Gebäudes oder des städtebaulichen Raumes formuliert werden. Das führt in der Regel zu unbefriedigenden Lösungen. Ich denke oft, dass zu stark reingezoomt wird und dann das große Ganze nicht mehr gesehen wird.

Für die Zukunft wünsche ich mir mutige Stadtplaner/Stadtarchitekten mit Visionen, die das gesamte Stadtgefüge im Blick haben, rechtzeitig intervenieren, auch mal eine unbebaute Fläche liegen lassen, bis sich der tatsächliche Bedarf darstellen lässt und langfristig planen.

Das Gleiche gilt für die Sanierung der kleinen Dorkirchen, mit denen ich oft zu tun habe. Wie werden hier Prioritäten gesetzt? Hier  würde ich mir eine enge Abstimmung zwischen Landeskirche und Landesdenkmalamt wünschen, um mit einer gemeinsamen Strategie auf die Erscheinungen der demografischen Entwicklung auf dem Land reagieren zu können. Wo wird gesichert und wo saniert? Dieser Frage müssen wir uns stellen, um Kulturgut vor dem Verfall zu bewahren.

Wie hat sich Ihre Herangehensweise durch die Erfahrung und Arbeit mit den verschiedenen Behörden, Eigentümern und anderen Beteiligten geändert?

Jedes Bauvorhaben ist ein neuer Vorgang, dessen Verlauf von den Besonderheiten des Vorhabens und den handelnden Personen abhängt.

Mir ist nach wie vor das Gespräch wichtig. Erkennbare Schwierigkeiten sollten schnellstmöglich ausgeräumt werden. Bauen ist ein Prozess, der moderiert und gesteuert werden muss und von einer Vielzahl von Akteuren getragen wird. Dazu gehören Fachplaner, Behörden, ausführende Firmen und natürlich der Bauherr.

Spürbar wird der Preiskampf, der sich auch bei Architekten durchsetzt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure und hoffe auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand.

Die anhaltende Konjunktur lässt nicht nur die Baupreise in die Höhe schnellen, sondern zeigt auch den Fachkräftemangel, der sich bereits seit Jahren angedeutet hat. Das hat zur Folge, dass insbesondere im Denkmalbereich qualifizierte Handwerker fehlen und den Architekten vor unlösbare Aufgaben stellt.

Wie sind Sie das Thema Förderung und Finanzierung angegangen?

Wir arbeiten viel mit EU-Fördermitteln und das in zwei Bundesländern. Beide Länder arbeiten mit EU-Mitteln, haben aber unterschiedliche  Durchführungsbestimmungen. Da gibt es mitunter Festlegungen, die sich mir nicht erschließen. Aber wichtig ist, die Förderung wird sinnvoll eingesetzt. Das setzt eine gute Vorbereitung voraus und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Akteuren. Die Beantragung von Fördermitteln setzt voraus, dass ein belastbares Finanzierungskonzept besteht. Das bedeutet für den Architekten die Erbringung umfänglicher Vorleistungen. Bisher wurden die Anträge mit einem Zuwendungsbescheid belohnt.

Was waren bisher Ihre größten Erfolge oder Freuden? Worauf sind Sie besonders stolz?

Ich nehme die Dinge, die ich tue, ernst. Aber darauf bin ich nicht stolz. Es ist mir aber wichtig.

Gefreut habe ich mich, dass es gelungen ist, der Kirche, in der ich getauft und konfirmiert wurde, nach 38 Jahren wieder ein schützendes Dach zu geben. Berührt hat mich, dass mit Beginn der Bauarbeiten an dieser Kirche die Dorfgemeinde von "ihrer Kirche" sprach und keinen Zweifel daran ließ, das es wichtig sei, sie zu erhalten und damit Kulturgut zu bewahren. Der Dorfgemeinde konnte ich vermitteln, dass die Dachform bauzeitlich, aber die Konstruktion zeitgemäß ausgeführt wurde. Hier konnte ich das Fortschreiben eines Denkmals mit einer neuen Zeitschicht am  Beispiel darstellen. Das war mir wichtig.

Gibt es etwas, dass Sie Menschen raten würden, die etwas Ähnliches vorhaben?

  • Rückgrat beweisen,

    zuhören,

    Prioritäten setzen

    und frühzeitig kommunizieren! Damit kommt man schon sehr weit.

 

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